Verkehrsfrust im Doppelort bei Meckenheim

Bürgerinitiative Altendorf-Ersdorf hat genug – und wendet sich an Bezirksregierung

Altendorf/Ersdorf Unterschriftensammlungen gab es schon in den 90er Jahren, seit 2018 kämpft eine Bürgerinitiative für eine Verbesserung der Verkehrssituation im Doppelort Altendorf-Ersdorf. Warum der Geduldsfaden jetzt gerissen ist.

Alltägliche Szene in Altendorf-Ersdorf: Eine Mutter steht mit ihrem Kind an der Hand an der Rheinbacher Straße. Dieser Abschnitt in Sichtweite der St.-Jakobus-Kirche gehört zur Hauptverkehrsader, die sich kurvenreich durchs Dorf windet. Die junge Frau zögert lange, blickt immer wieder nach links und rechts, mahnt den Nachwuchs zur Vorsicht. Die Bürgersteige sind schmal, die Kurven schlecht einsehbar, eine Ampel oder einen Zebrastreifen gibt es nicht.

Als die Mutter schließlich mit Kind und Tretroller den Asphalt betritt, kommt ein Auto um die Kurve gefahren. Nur mit einiger Hast erreichen Mutter und Kind rechtzeitig die andere Straßenseite. Auf ein Transparent an einem Baum haben Anwohner ein „Tempo 30“-Schild gemalt, und in bunten Druckbuchstaben “Vorsicht Kinder“. Die Bitte ist ordnungsrechtlich wirkungslos: Erlaubt sind 50 Stundenkilometer, außerhalb der Unterrichtszeiten gilt das auf Veranlassung des Rhein-Sieg-Kreises seit Kurzem auch wieder im Bereich der Grundschule. Manche Verkehrsteilnehmer halten sich an keins der beiden Limits.

Bei Stau auf der Autobahn ist es am schlimmsten

Das stößt auch Petra und Wilfried Propst sauer auf. Das Ehepaar lebt seit elf Jahren im Dorf, gerade haben sie sich mit ihrem Straßenhundmischling “Rayo“ in der Innenkurve um eine Hausecke gehangelt, wo der wenige Zentimeter breite Bürgersteig diesen Namen kaum verdient. “Sie sollten mal hier sein, wenn die Autobahn dicht ist“, kommentiert der Ehemann. Auch wenn dort kein Stau ist, nutzen viele Lastwagen die Route durch den Doppelort. “Eigentlich ist hier nur Lieferverkehr erlaubt“, sagt Josef Kessel von der 2018 gegründeten Bürgerinitiative BI-L471, die für eine Verbesserung der örtlichen Verkehrssituation kämpft.

Kessel wirkt ebenso wie seine Mitstreiter Rolf Schuh und Heinz Büsgen beim Ortsbesuch mit dem General-Anzeiger frustriert. Während vorbeifahrende Lastwagen, Busse und Traktoren auch durchs geschlossene Fenster kaum zu überhören sind, skizzieren die drei die Bemühungen um eine verkehrstechnische Entlastung, die bis in die 90er Jahre zurückreiche. Schon zwei Vorgänger von Bürgermeister Holger Jung hätten entsprechende Unterschriftenlisten entgegengenommen, trotzdem habe sich in all den Jahren kaum etwas getan.

Empfehlungen von 2004 größtenteils nicht umgesetzt

In einer Pressemitteilung hat die Initiative jetzt angekündigt, in der Angelegenheit an höherer Stelle um Hilfe zu ersuchen. “Trotz mehrfach erfolgter Verkehrstermine, unter Beteiligung der dazu erforderlichen Behörden, kam es bislang zu keiner Verbesserung (…) Politik sowie Verwaltung haben hier maßgeblich wohl kein weiteres Interesse an den Sorgen und Gefahren der Einwohner“, heißt es darin. Dass der Großteil der Maßnahmen, die in einem Verkehrsentwicklungskonzept von 2004 angeregt wurden, bislang nicht umgesetzt worden sind, macht die BI-Mitglieder wütend.

Jetzt habe man sich an die Bezirksregierung Köln gewandt mit der Bitte, bestehende verkehrsrechtliche Anordnungen zu überprüfen. “Diesen Schritt sehen wir als Notwendigkeit an, da die Ergebniswidersprüche der Verkehrstermine, trotz Beteiligung von vier Behörden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der BI-L471, in Teilen nicht nachvollziehbar sind“, ist in der Erklärung schließlich zu lesen.

Viele Streitpunkte zwischen Bürgern und Verwaltung

Streitpunkte zwischen der Initiative und der Meckenheimer Stadtverwaltung gibt es viele, eine der Hauptforderungen ist Tempo 30. Zumindest in den kurvigen Bereichen ist dies auch im Konzept von 2004 vorgesehen, angeordnet worden ist es bislang nicht. Aktuell stoßen sich die Anwohner an einer vorgenommenen Radarmessung: Weder mit deren Durchführung, noch mit der Interpretation der Ergebnisse durch die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Meckenheim sind sie einverstanden.

Zu allem Überfluss war in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses zu hören, dass sich die geplante Gehwegverbreiterung und eine Querungshilfe an Rheinbacher Straße und Ahrstraße auf unbestimmte Zeit verzögern. Der Landesbetrieb Straßen NRW sei aus der Finanzierung wieder ausgestiegen, die Kosten für die Bauarbeiten seien gestiegen, und beim zuständigen Ingenieursbüro herrsche coronabedingt Personalmangel, erklärte Fachbereichsleiter Marcus Witsch. Auf Nachfrage des Altendorfer Ortsvorstehers Otmar Soukup (CDU) zur zeitlichen Perspektive antwortete Witsch ausweichend und merkte an: „Es sind schwierige Zeiten, wir müssen Ruhe bewahren und abwarten.“

Bei der Bürgerinitiative ist inzwischen die Geduld aufgebraucht. Nicht nur von der Stadtverwaltung, auch von den im Rat vertretenen Parteien und Wählergemeinschaften fühlen sich die Mitglieder vernachlässigt. “Die Verwaltung will einfach nicht, das ist die einzige Erklärung“, ist Rolf Schuh überzeugt. Von der Bezirksregierung Köln erhoffen sich die Altendorfer und Ersdorfer eine neutrale fachliche Einschätzung. Dass im Meckenheimer Rathaus irgendjemand aufrichtig für die Interessen des Doppelortes eintrete, daran glaubt bei der BI offenbar niemand mehr. Rolf Schuh schüttelt nur entnervt den Kopf: “Wir haben überhaupt kein Vertrauen mehr.“

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